Türkei

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Re: Türkei

Beitragvon maxikatze » Fr 3. Jul 2020, 11:03

Stabers Worte:
Deutschen Urlaubern droht Verhaftung in der Türkei


Die Worte von Can Dündar sind wohl nicht aus der Luft gegriffen. Hat er selbst doch einschlägige Erfahrungen in einem türkischen Gefängnis sammeln müssen.
Mich sieht die Türkei als Urlaubsland jedenfalls nicht. Wissen wir, ob nicht kritisch geäußerte Meinungen im Netz nicht zum eigenen Nachteil gewertet und man inhaftiert wird, sobald türkischer Boden betreten wurde?
Auch wenn Dündars Artikel ein Jahr alt ist, dürfte sich an den Gegebenheiten nichts geändert haben.
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Re: Türkei

Beitragvon maxikatze » So 12. Jul 2020, 09:47

Alle kritisieren diese Entscheidung, die auf Betreiben Erdogans getroffen wurde, aber kein Staat erwägt Maßnahmen, die für Erdogan ernsthafte Konsequenzen haben würde. Liebe EU-Gemeinschaft, die ihr doch unsere Werte verteidigt, oder gebt ihr nur vor, sie zu verteidigen? Warum gibt es nie Sanktionen? Warum gibt es überhaupt noch Beitrittsgespräche? Warum wird Erdogan trotz aller Provokationen und Einmarsch in Syrien noch hofiert?
https://www.consilium.europa.eu/de/poli ... nt/turkey/
Bei Erdogans Vorpreschen schrillen keine Alarmglocken? Wie weit geht Erdogan noch?
Mit den EU-Beitrittsverhandlungen sollte Schluss sein - endgültig.
https://web.de/magazine/politik/umwidmu ... r-34874100
Rund 90 Jahre, nachdem die Hagia Sophia in ein Museum umgewandelt wurde, wird das historische Gebäude nun wieder eine Moschee. Die Umwidmung stieß in vielen Ländern auf Kritik und löste vor allem in Griechenland und Russland deutliche Reaktionen aus.

Mehr als Kritik passiert da nichts.

Die Reisewarnung ist zwar schon fast 2 Jahre alt, daranwird sich nichts geändert haben. Erdogan-Kritiker haben schlechte Karten. Egal aus welchem Land sie kommen.
https://www.spiegel.de/reise/aktuell/au ... 34855.html
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Re: Türkei

Beitragvon Staber » So 12. Jul 2020, 18:46

Maxikatze schrieb:

Mit den EU-Beitrittsverhandlungen sollte Schluss sein - endgültig.


Das wäre wünschenswert.
Es gibt von meiner Seite gesehen zehn Gründe gegen den EU-Beitritt der Türkei.
Von mir mal eine Kurzfassung der Gründe
1. Die Türkei gehört nicht zu Europa
Das tat sie nie, weder geografisch noch kulturell.

2. Ankara missachtet Menschenrechte
Zu Europa gehört die Gabe, sich beständig selbst infrage zu stellen. Ankara hat diese Fähigkeit zu keiner Zeit besessen.

3. Es droht eine Völkerwanderung
In der Europäischen Union herrscht das Prinzip der Freizügigkeit. Jeder darf dort hinziehen, wo es ihm gefällt

4. Die Unionsidee wird zerstört
In dem Versuch, Europa aus den Trümmern des Weltkrieges zu führen und es zu einen, lag stets auch die Idee, „eine Art Vereinigte Staaten von Europa“ zu schaffen, wie es Winston Churchill 1946 in seiner Züricher Rede formulierte. Bis heute halten die meisten Mitglieder der EU daran fest

5. Die Kosten sind nicht zu bewältigen
Und das in allen Bereichen: finanziell, politisch und in sozialer Hinsicht.

6. Die EU ist keine karitative Anstalt
Die Entwicklung in der Türkei ist eine inner türkische Angelegenheit.

7. Das Strategie-Argument zieht nicht
Die Türkei ist keine Brücke zwischen Ost und West. Zudem ist für strategische Fragen vor allem die Nato zuständig. Ihr gehören die Türken seit 1949 an.

8. Die EU kommt in üble Nachbarschaft
Wäre Ankara Mitglied in der EU, stießen Europas Grenzen an die zentralen Konflicktregionen der Erde. Plötzlich wären wir Nachbarn höchst unappetitlicher Regime

9. Das Beitrittsversprechen ist Legende
Um die Südostflanke der Nato auch wirtschaftlich zu stabilisieren, baten die Amerikaner in der Hochzeit des Kalten Krieges darum, der Türkei wirtschaftlich auf die Beine zu helfen. Aus diesem Grund eröffnete der europäische Klub der sechs in Artikel.28 des Assoziierungsvertrages von 1964 Ankara die prinzipielle Möglichkeit eines Beitritts.

und
10. Es gibt sinnvolle Alternativen
Setzt Ankara seinen Reformkurs fort, wird es auch ohne Vollmitgliedschaft – assoziiertes Mitglied der EU ist es bereits – eine moderne Demokratie werden. Geschützt würde sie im Rahmen der Nato.
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Re: Türkei

Beitragvon AlexRE » So 12. Jul 2020, 19:30

Wäre Ankara Mitglied in der EU, stießen Europas Grenzen an die zentralen Konflicktregionen der Erde. Plötzlich wären wir Nachbarn höchst unappetitlicher Regime


In der Situation ist die EU jetzt schon, in der Türkei und in Weißrussland haben nämlich höchst unappetitliche Regime die Macht. Manche Leute glauben, dass die negativen Entwicklungen in der Türkei durch eine stärkere Einbindung in die EU gestoppt würde. Ich bin da skeptisch. In Polen liegt die Gewaltenteilung ebenso in Trümmern wie in der Türkei und Brüssel macht nichts dagegen.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Türkei

Beitragvon icke » Mi 15. Jul 2020, 17:45

Als ob es in der Türkei bzw. in Konstantinopel an Moscheen mangelte. 3113 zählte man bereits vergangenes Jahr und es kommen stetig welche hinzu. Ein Neubau als Nr. 3114 irgendwo in Istanbul wäre zwar möglich gewesen, in der Türkei ist schließlich alles möglich, wenn die Richtigen es wollen, und es ist mitnichten eine Frage des Geldes, aber die Umwandlung einer Kirche, erst recht dieser einen von weltweitem Ruhm, der damit verursachte Schmerz, genau das, nur das "befriedigt" Islamisten wie Anis Amri, bin Laden und Mohammed Atta

Der türkische Sultan dankt recht sehr für die deutschen und europäischen Milliarden, für die großzügigen Waffenlieferungen der Bundesregierung und dafür, daß seine Religionsbehörde im Bundesgebiet so üppig mit Steuergeldern versehen wird und hier nach Belieben schalten und walten kann. In punkto Toleranz sollten wir die Türkei nicht zu überbieten suchen, sondern unverzüglich die türkische Religionsbehörde mit ihren hiesigen gut 900 Institutionen rausschmeißen, sowie sämtliche Repräsentanten der Grauen Wölfe, der Musl. Bruderschaft und ähnliche.
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Re: Türkei

Beitragvon Staber » Mi 15. Jul 2020, 19:04

icke schrieb
sondern unverzüglich die türkische Religionsbehörde mit ihren hiesigen gut 900 Institutionen rausschmeißen,


Die EU hat immer weniger Partner, dafür immer mehr Probleme, um die man sich nicht kümmern will. Dagegen hat die türkische Regierung seit Erdogan klare Machtansprüche und eine langfristig angelegte Strategie. 'Europa' hat ein Problem mit der eigenen Schwäche. Geschäfte als Fundament können nicht weit tragen. Und Deutschland ist in Bezug auf Erdogan praktisch handlungsunfähig. Nicht nur wegen der Flüchtlingsfrage, auch wegen der Millionen Türken, die hier leben und arbeiten. Weshalb Erdogan, gerade wegen Deutschland, noch sehr lange seinen Weg gehen kann. Armes Europa mit Deutschland.
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Re: Türkei

Beitragvon maxikatze » Mi 22. Jul 2020, 19:49

Es war zu erwarten: Christliche Mosaiken werden aus der Hagia Sophia entfernt. Wenn aus Zeitgründen nicht alle restlos beseitigt werden können, werden sie mit Tüchern zugehängt. Denn am kommenden Freitag findet das erste Gebet mit Erdogans Anwesenheit und 2000 Gläubigen statt, die Sondereinladungen erhalten haben.
Es wäre interessant zu erfahren, ob zur Neueröffnung die Vertreter von AKP, Ditib, Millî Görüş Muslimbruderschaft und MHP (Die Grauen Wölfe) diese Extraeinladungen bekommen haben.
Da der Islam die bildliche Darstellung von Menschen verbietet, müssen die Bilder von Maria, Jesus und Heiligen während der islamischen Gebete verschwinden

https://www.augsburger-allgemeine.de/po ... PFtE_xwG6E
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Re: Türkei

Beitragvon Staber » Mi 22. Jul 2020, 21:51

Hagia Sophia war rund 900 Jahre Hauptkirche der orthodoxen Christenheit.
Erdogan sagte in einer Fernsehansprache nach einer Kabinettssitzung am Dienstag, die Kritik an den Plänen für die Hagia Sophia sei nur ein Vorwand, der die Feindseligkeit gegenüber der Türkei und dem Islam offen lege.Außerhalb der Gebetszeiten soll die Hagia Sophia Besuchern weiter offen stehen. Christliche Abbildungen im Inneren seien kein Hindernis für muslimische Gebete..Laut Regierungsbehörde. Während der Gebete werden sie mit Vorhängen und anderen Vorrichtungen verborgen, weil angeblich bildliche Darstellungen nach islamischer Überzeugung unstatthaft sind.Übrigens Schriftsteller Feridun Zaimoglu* sieht die umstrittene Umwandlung des Istanbuler Wahrzeichens Hagia Sophia in eine Moschee positiv.
Er sagte in einem Interview der „Zeit“-Beilage Christ & Welt:
Zitat:
„Ich begrüße, wenn in einem Gotteshaus wieder ein Gott angebetet wird“ „Die Hagia Sophia wurde ja schließlich nicht als Verwahranstalt und Showroom von Kultgegenständen gebaut.“

*Zaimoglu (Jahrgang 1964) wuchs in Deutschland auf, die Türkei ist das Heimatland seiner Eltern.
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Re: Türkei

Beitragvon AlexRE » Do 23. Jul 2020, 14:34

Staber hat geschrieben:Hagia Sophia war rund 900 Jahre Hauptkirche der orthodoxen Christenheit.
Erdogan sagte in einer Fernsehansprache nach einer Kabinettssitzung am Dienstag, die Kritik an den Plänen für die Hagia Sophia sei nur ein Vorwand, der die Feindseligkeit gegenüber der Türkei und dem Islam offen lege.Außerhalb der Gebetszeiten soll die Hagia Sophia Besuchern weiter offen stehen. Christliche Abbildungen im Inneren seien kein Hindernis für muslimische Gebete..Laut Regierungsbehörde. Während der Gebete werden sie mit Vorhängen und anderen Vorrichtungen verborgen, weil angeblich bildliche Darstellungen nach islamischer Überzeugung unstatthaft sind.Übrigens Schriftsteller Feridun Zaimoglu* sieht die umstrittene Umwandlung des Istanbuler Wahrzeichens Hagia Sophia in eine Moschee positiv.
Er sagte in einem Interview der „Zeit“-Beilage Christ & Welt:
Zitat:
„Ich begrüße, wenn in einem Gotteshaus wieder ein Gott angebetet wird“ „Die Hagia Sophia wurde ja schließlich nicht als Verwahranstalt und Showroom von Kultgegenständen gebaut.“

*Zaimoglu (Jahrgang 1964) wuchs in Deutschland auf, die Türkei ist das Heimatland seiner Eltern.


Einen Vorteil hat diese aktuelle Entwicklung um die Hagia Sophia ja: Putin kann nicht gleichzeitig Erdogan als Schachfigur gegen Europa benutzen und die orthodoxe Kirche innenpolitisch instrumentalisieren. Das wird jetzt etwas kompliziert für ihn.
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Re: Türkei

Beitragvon maxikatze » Do 23. Jul 2020, 22:17

AlexRE hat geschrieben:
Staber hat geschrieben:Hagia Sophia war rund 900 Jahre Hauptkirche der orthodoxen Christenheit.
Erdogan sagte in einer Fernsehansprache nach einer Kabinettssitzung am Dienstag, die Kritik an den Plänen für die Hagia Sophia sei nur ein Vorwand, der die Feindseligkeit gegenüber der Türkei und dem Islam offen lege.Außerhalb der Gebetszeiten soll die Hagia Sophia Besuchern weiter offen stehen. Christliche Abbildungen im Inneren seien kein Hindernis für muslimische Gebete..Laut Regierungsbehörde. Während der Gebete werden sie mit Vorhängen und anderen Vorrichtungen verborgen, weil angeblich bildliche Darstellungen nach islamischer Überzeugung unstatthaft sind.Übrigens Schriftsteller Feridun Zaimoglu* sieht die umstrittene Umwandlung des Istanbuler Wahrzeichens Hagia Sophia in eine Moschee positiv.
Er sagte in einem Interview der „Zeit“-Beilage Christ & Welt:
Zitat:
„Ich begrüße, wenn in einem Gotteshaus wieder ein Gott angebetet wird“ „Die Hagia Sophia wurde ja schließlich nicht als Verwahranstalt und Showroom von Kultgegenständen gebaut.“

*Zaimoglu (Jahrgang 1964) wuchs in Deutschland auf, die Türkei ist das Heimatland seiner Eltern.


Einen Vorteil hat diese aktuelle Entwicklung um die Hagia Sophia ja: Putin kann nicht gleichzeitig Erdogan als Schachfigur gegen Europa benutzen und die orthodoxe Kirche innenpolitisch instrumentalisieren. Das wird jetzt etwas kompliziert für ihn.

Ich kann überhaupt keinen Vorteil erkennen. Höchstens für Erdogan, der wieder der staunenden westlichen Welt sein Anspruchsdenken vor Augen führt.
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