Die Akte "Social Networks"

Hier wird das Problem des zunehmend mangelhaften Schutzes der Bürger vor Gewalttaten und dessen verfassungsrechtliche Relevanz erörtert. (Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 GG)

Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon AlexRE » Mo 3. Okt 2011, 11:59

Uel hat geschrieben:Das ist ja wohl nicht zielführend: was hat 1848 mit den gewerkschaftlich erfolgreich erkämpften Rechten zu tun und wie kommen da 2 Weltkriege aufs Münchener OF??? :roll: :lol:


Das hat alles sehr viel miteinander zu tun. Die Gewerkschaften konnten zwischen 1849 und 1932 zwar Rechte erkämpfen, weil kein Machthaber an permanenten inneren Unruhen interessiert war, aber diese Rechte hatten nach 1933 keinen Wert mehr. Im Jahre 1849 war die grundsätzliche Machtfrage gegen den Alleinherrschaftsanspruch einer rechtsstaatlichen Verfassung entschieden worden. Das hat alle nachfolgenden Einzelsiege des Rechts zu strohfeuerartigem Blendwerk degradiert.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon AlexRE » Mo 3. Okt 2011, 12:13

Der berühmte schwedische Schriftsteller und Journalist Stieg Larsson hat sinngemäß gesagt:
>>>Jede Generation muss sich ihre Rechte neu erkämpfen.<<<


Da scheint was dran zu sein. Allerdings wird dieser Kampf von Generation zu Generation immer erfolgloser werden, wenn lauter Einzelkämpfer sich mit Teilerfolgen begnügen bzw. betäuben und nicht erfassen, dass jeder Versuch, die verfassungsmäßige Ordnung aufzuweichen, das erneute Stellen der grundsätzlichen Machtfrage bedeutet und den Alleinherrschaftsanspruch des Rechts ganz grundsätzlich in Frage stellt. Das erfordert eine ebenso grundsätzliche Antwort, sonst sieht das Ergebnis so aus:

Eine neu erschienene Studie aus den USA hat mich jüngst schockiert. Darin wurde untersucht, ob die heute Vierzigjährigen, also die Kinder der Babyboomer, wie ihre Eltern der Mittelschicht angehören. Das Ergebnis war erschreckend: knapp ein Drittel der Befragten verdienen bedeutend weniger als ihre Eltern im vergleichbaren Alter - oder sind sogar in die Unterschicht abgerutscht. Wie kann das sein? Gilt der eherne Grundsatz denn nicht mehr, dass es jeder neuen Generation durch zusätzliche Möglichkeiten und Bildungschancen immer noch etwas besser als den Eltern geht? Die Babyboomer haben ihren Kindern alles geboten: Bildung, Geld, Freiheit. Welcher Logik folgt nun heutzutage der soziale Auf- und Abstieg? Den Fieberkurven der Börsen?

Durch das wachsende Wohlstandsgefälle und die stagnierenden Einkommen schwindet die Mittelschicht. Das Individuum verliert die eigene Möglichkeit, sein Schicksal zu gestalten. Alles unterliegt der Macht von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen. Noch erschreckender als die Tatenlosigkeit der Politik ist die Tatsache, dass die Daten für die Studie noch vor Beginn der Finanzkrise 2008 erhoben wurden. Meine Vermutung ist, dass sich die Situation der Mittelschicht mittlerweile noch dramatisiert hat. Doch statt sich dieser Problematik zu stellen, streitet die Politik darüber, ob es angemessen ist, dass Menschen, die über eine Million Dollar durch Kapitalerträge im Jahr verdienen, einen moderaten Mindeststeuersatz bezahlen sollen. Denn schließlich zahlen diese Leute meistens weitaus weniger Steuern als der Durchschnittsbürger, begünstigt durch staatliche Regelungen. In den letzten Wochen haben die republikanischen Präsidentschaftsbewerber Obama ernsthaft unterstellt, dass er im marxistischen Sinne einen Klassenkampf gegen die Reichen führe. Die Schere zwischen arm und reich bleibt also weiterhin weit offen.


http://www.handelsblatt.com/meinung/kol ... 77222.html

Eine ganze Generation ärmer als die vorhergehende - und das ohne großen Krieg. Man müsste mal den wirtschaftlichen Wert des Wachstums in diesen Jahrzehnten in absoluten Zahlen ausrechen und mit den Zuwächsen der großen Vermögen abgleichen. Wenn sich die Zahlen nicht mal ähneln ...

Übrigens halte ich es für den bislang makabersten Treppenwitz der Geschichte, dass sich die Hauptakteure bei der Wiederherstellung der vorrevolutionären feudalen gesellschaftlichen Verhältnisse in den USA ausgerechnet "tea party" nennen.
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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon Uel » Mo 3. Okt 2011, 13:30


Übrigens halte ich es für den bislang makabersten Treppenwitz der Geschichte, dass die Hauptakteure bei der Wiederherstellung der vorrevolutionären feudalen gesellschaftlichen Verhältnisse in den USA ausgerechnet "tea party" nennen.


Hallo Alex,
Etikettschwindel ist noch immer das wirksamste Mittel der Demagogen gewesen, um auch Leute von der andern Seite einzusacken!

Das 1. Dilemma der absteigenden Nachwachsenden der Mittelschicht ist, dass sie sich immer noch einbilden, sie gehöre zur Mittelschicht und sich politsch entsprechend verhalten unter dem Motto: Steuern erhöhen für Wohlhabende? Mit mir nicht, denn vielleicht gehöre ich mit ein bißchen Glück demnächst auch wieder dazu, oder ... vielleicht ist ja auch das Erbe meiner Eltern doch noch größer als es den Anschein hat, ich kämpfe doch nicht für Steuern die mich später auch treffen können.

Das 2.ist, dass sich der Angestellte gleichzeitig als Unternehmer fühlt, aber als knallharter, gnadenloser Unternehmer für seinen eigenen Haushalt. Tagsüber beklagt er, dass sein Arbeitgeber keine Autos mehr auf dem Markt unterbringen kann und des Abends bestellt er z. B. den kleinen Japaner für seine Tochter oder läßt Produkte aus allen Ecken der Welt per Internet heranschaffen, weil sie geringfügig billiger sind als vom einheimischen Händler. Für leben und leben lassen hatten die Bürger im angeblich finsteren Mittelalter in den Gilden jeder europäischen Hansestadt mehr Verständnis, als der sich informiert gebende angebliche Mittelschichtler, der auf demTV Börsenkurse verfolgt, von Dingen, die er sich ohnehin nicht mehr leisten kann.

_____________________________________

Aber zurück zum OF (Oktoberfest): Es sollten doch nicht die weltweiten Verwerfungen des nach 1989 hemmungslos gewordenen Kapitalismus grundsätzlich gelöst werden, sondern nur simpel die Bedienungen vor sexuellen Beeinträchtigungen geschützt werden.

Wenn die derzeitig arbeitenden Generationen bei derart geringen Konsequenzen im weltweiten Vergleich zu andern Protestierenden nicht bereit sind, für ihre eigene Sache, die wahrscheinlich unglaublich viel Sympathie in der Bevölkerung finden würde, den Mund auf zu machen, so ist ihr nicht mehr zu helfen! Da würden sie wahrscheinlich bei härteren Fällen auch ihrer eigenen Versklavung zustimmen!

:idea: Zynismus :idea: Kann es nicht auch ganz anders sein? Dass die Bedienung "Grabschzulagen, Erschwernis- und Schweigegeld" von den Wirten nächtens bei der Abrechnung üppig steuerfrei zugesteckt bekommt und diese Mittel die Dinge derart erduldbar machen. Für mich ist es sonst kaum erklärbar, wie Frauen mehrjährig wiederholt so etwas im Jahr 2011 erdulden können. :idea:

Mein Vorschlag zur Güte: :lol: Personal 1:1 besetzen, damit immer ein Kollege in der Nähe ist. Dann die Anweisung, bei Zudringlichkeiten immer sofort ohne Zögern die gesamte Ladung Bier auf den Schuldigen entladen, weglaufen und der männliche Kollege kassiert den gesamten Schaden sofort ab, bei Zahlungsunfähigkeit wird er der Polizei wegen Zechprellerei übergeben. Zumindest wird der begossene Pudel den ganzen Abend das Gespött in seinem Umfeld sein. Ich denke, bei gutem Willen sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. ;)
Liebe Grüße
von Uel

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Endlich ein Ansatz?

Beitragvon Excubitor » Mo 3. Okt 2011, 15:34

Zurück zum Thema des Strangs:

"Datenschützer will Internetgiganten zügeln

Dass Facebook und Google immer mehr persönliche Daten anhäufen und mit diesen Gewinne machen, geht Datenschützer Schaar zu weit. Der Schutz der Gesellschaft sei wichtiger als der Schutz zweifelhafter Geschäftspraktiken.
Die Internetkonzerne Google und Facebook müssten die Daten deutscher Nutzer besser schützen, fordert Peter Schaar. „Unternehmen, die in Deutschland Geschäfte machen, müssen sich auch an deutsches Recht halten“, sagte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz den „Stuttgarter Nachrichten“ vom Samstag. Schaar forderte insbesondere ein Verbot, Persönlichkeitsprofile ohne die Einwilligung der Betroffenen zu erstellen.

Dabei werden Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt, um die Interessen einer Person zu katalogisieren. Die Profile werden unter anderem vom sozialen Netzwerk Facebook und dem Suchmaschinenbetreiber Google zu Werbezwecken benutzt oder vermarktet. Schaar fordert, dass die Geschäftsmodelle verändert werden. „Der Schutz der Gesellschaft ist wichtiger als der Schutz von zweifelhaften Geschäftspraktiken.“

Nach Schaars Meinung gehen viele Firmen mit dem Datenschutz „zu lax um“. Außerdem reichten die Verpflichtungen zum Datenschutz noch längst nicht aus – da seien die Unternehmensinteressen zu stark. Schaar warf auch der Bundesregierung vor, zu wenig für den Datenschutz in Deutschland zu tun. Sie beuge sich dem Druck der Wirtschaftslobbyisten, statt Fehlverhalten zu sanktionieren.

Schaar verwendet Pseudonyme
Der Datenschutzbeauftragte selbst hat sich auch in verschiedenen Netzwerken angemeldet, nutzt diese aber nur als Experimentierfeld, wie er in dem Interview sagte. Wenn es um private Dinge gehe, verwende er Pseudonyme. Der Datenschützer beklagt sich auch darüber, dass andere Menschen über ihn falsche Informationen ins Netz stellten. „In einem Fall wurde ich gar als katholischer Messdiener in einem Netzwerk markiert – der ich nun wirklich niemals war“, sagte Schaar.
[...]


Quelle:
http://www.focus.de/digital/internet/fa ... 70733.html

Anm.: Na wenn das nicht mal wieder ein Rohrkrepierer wird, wie bislang alle Versuche die Praktiken der Internetmoloche einzudämmen. Etwas zu wollen ist schon mal ein Anfang, nur leider nicht ansatzweise ausreichend...
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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon Uel » Mo 3. Okt 2011, 15:48

@ Excubitor,

ich denke, wer nicht den ganzen EU-Raum benennt, bei weitem zu kurz springt. Schaar mag ja vll. ernsthaft an seinen Vorschlag glauben, bewirken wird er im Räderwerk der Parteien Nichts. Da muss schon drohen, dass die Piraten 20% bekommen ...
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon AlexRE » Di 4. Okt 2011, 18:14

Vorsicht mit online - Bekanntschaften:

Junger Mann in Gefangenschaft erpresst und verprügelt

Zwei jungen Männern und einer Frau wird erpresserischer Menschenraub vorgeworfen. Das Trio soll einen 19-Jährigen tagelang gefangen gehalten, erpresst und körperlich misshandelt haben. Die vermeintlichen Täter hatten den Mann über das Internet kennengelernt.


http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1 ... index.html
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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon Excubitor » Fr 9. Dez 2011, 17:20

Und wieder facebook als Basis für schwere Straftaten, in diesem Fall u.a. mutmaßliche Vergewaltigung, genutzt:

http://www.bild.de/regional/hamburg/ver ... .bild.html
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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon AlexRE » Fr 9. Dez 2011, 17:54

Excubitor hat geschrieben:Und wieder facebook als Basis für schwere Straftaten, in diesem Fall u.a. mutmaßliche Vergewaltigung, genutzt:

http://www.bild.de/regional/hamburg/ver ... .bild.html


Aus dem Artikel:

Der Prozess wird fortgesetzt. Das Mädchen ist laut einem Gutachten „erheblich traumatisiert“.


Die Vergewaltiger werden vermutlich freigesprochen, Aussagen traumatisierter Vergewaltigungsopfer zählen ja nicht:

viewtopic.php?f=7&t=468
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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon Hase » Fr 9. Dez 2011, 19:20

Da wird mir sowas von Kotzübel!

Hab den Link von Alex gelesen, das es sowas gibt ist einfach nur unfassbar!
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Re: Die Akte "Social Networks"

Beitragvon GasGerd » Mo 4. Jun 2012, 13:28

Es hat wieder gewalttätige Ausschreitungen bei einer Facebook - Party gegeben. Für dieses mittlerweile sattsam bekannte Gefahrenpotential interessiert sich offenbar niemand:

"Eine Gruppe von etwa acht Personen habe aber offensichtlich Streit gesucht und auf mehrere Menschen eingeschlagen. Mindestens vier Menschen wurden verletzt, eines der Opfer musste mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht werden. Vier Menschen wurde festgenommen."

Mal sehen, vielleicht werden die Fußballvereine entlastet, wenn Facebook jetzt den passionierten Gewaltkriminellen die Möglichkeit bietet, ihren Sadismus und ihre Menschenverachtung auf Kindergeburtstagen auzutoben.


http://meinungen.web.de/forum-webde/post/15327268?sp=280#jump
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