Natürlich kehrt nach fast 2 Jahren blutiger Kämpfe und Entbehrungen Kriegsmüdigkeit ein, bei den Menschen in der Ukraine und auch Russland noch viel mehr als bei den westlichen Unterstützern der Ukraine. Auf den ersten Blick sieht es derzeit auch so aus, als würde der Abnutzungskrieg die Ukraine überfordern:
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4. Russlands Kriegswirtschaft läuft auf Hochtouren
Russland hat seinen Verteidigungsetat für nächstes Jahr massiv auf 112 Milliarden Dollar erhöht, ins Militär gehen jetzt fast 40 Prozent der Staatsausgaben. „Russland hat den militärisch-industriellen Komplex ausgebaut, um einen Zermürbungskrieg zu gewinnen“, sagt Gustav Gressel vom Think-Tank European Council on Foreign Relations (ECFR) in Berlin. Es könne diesen Krieg bis 2027 fortsetzen und auch eine Verlängerung vorbereiten. Europa dagegen habe abgesehen von bestimmten Munitionsarten seine Militärproduktion nicht nennenswert erhöht.
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https://www.waz.de/politik/ukraine-krie ... 52656.htmlMit dieser Betrachtungsweise übersieht man aber, dass nicht jeder Krieg mit dem Eintritt von Kriegsmüdigkeit auf allen Seiten automatisch endet. Es gibt eine Reihe von Kriegen in der Geschichte, die Jahrzehnte gedauert haben, obwohl die meisten beteiligten Menschen sicher sehr viel früher die Nase voll hatten.
Die Ukrainer sind auch im ermüdeten Zustand fest entschlossen, der Moskauer Tyrannei zu widerstehen. Vom Holodomor in den 1930er Jahren bis zu den Massenmorden an ukrainischen Zivilisten im Jahre 2022 haben die Russen sich dort einfach zu viel geleistet, um nur wegen ihrer derzeitigen Materialüberlegenheit auf absehbare Zeit den ukrainischen Zusammenbruch erzwingen zu können.
Im Westen bedeutet die erhöhte Lautstärke und Medienpräsenz der Leute, die die Ukraine im Stich lassen wollen, auch noch lange nicht, dass sie sich schon politisch durchgesetzt haben. Dass die Amerikaner irgendwelche lokalen Verbündeten in Syrien oder Afghanistan mal eben locker verraten und verkaufen können, heißt nicht, dass sie sich das gegenüber einem großen europäischen Staat, der sich auf sie verlassen hat und nur deshalb dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten ist, auch herausnehmen.
Abgesehen davon hat Russland mit 40 % seiner Staatsausgaben für Rüstung und Armee seine Möglichkeiten jetzt schon annähernd ausgereizt, während die Amerikaner und Europäer ihre Rüstungskapazitäten im Vergleich zu der Zeit vor dem Krieg in der Ukraine noch gar nicht nennenswert erweitert haben. Da ist noch seeehr viel mehr Luft nach oben als in Russland.
Die von nicht wenigen Leuten im Westen erhoffte Friedhofsruhe nach dem Zusammenbruch der Ukraine wird also noch auf sich warten lassen, falls es überhaupt dazu kommt. Der Krieg kann auch noch ganz übel für Putin ausgehen.