60 Jahre Demokratiemängel - Hans Herbert von Arnim

Kommentare zu dem entstehenden Verfassungsentwurf bitte nur auf dieses Unterforum schreiben, nicht in den Verfassungstext selbst.

60 Jahre Demokratiemängel - Hans Herbert von Arnim

Beitragvon AlexRE » Mi 14. Okt 2009, 16:01

Heute ist ein bemerkenswertes Interview mit Professor von Arnim erschienen:

Auszug:

Der spätere Bundespräsident Theodor Heuss verglich das Volk in den Beratungen gar mit einem bissigen Hund, vor dem man sich hüten müsse (Heuss: „cave canem“). Waren es aber nicht die Parteien, die am 23. 3. 1933 im Reichstag mit großer Mehrheit das Ermächtigungsgesetz beschlossen und so Adolf Hitler die unumschränkte Herrschaft übertragen hatten? Und hatte Heuss nicht selbst für das Ermächtigungsgesetz gestimmt?


Quelle: Freie Welt.net

Siehe auch: Querdenkerforum

Das politische und staatsrechtliche Legitimationsdefizit wird hier umfassend und präzise dargestellt. Insbesondere hinsichtlich des historisch ausserordentlichen Vorganges, dass die Krankheiten bzw. Todesursachen der Weimarer Demokratie in der Bundesrepublik als Medizin gegen eine Wiederholung der Katastrophe verkauft wurden und werden, werden endlich einmal Ross und Reiter genannt. Schliesslich waren nicht Volksabstimmungen oder irgendeine missbräuchliche Wahrnehmung der Souveränitätsrechte des Volkes durch das Volk der Hintergrund für das Ermächtigungsgesetz, sondern der von der politischen Klasse mit ökonomischen und aussenpolitischen Sachzwängen legitimierte Beschluss der Deckelung der Souveränitätsrechte des Volkes. Der heutige Bann von Volksabstimmungen auf Bundesebene aus dem Grundgesetz ist letztendlich auch eine Deckelung der Souveränitätsrechte des Volkes.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: 60 Jahre Demokratiemängel - Hans Herbert von Arnim

Beitragvon AlexRE » So 6. Apr 2014, 13:45

Auf Facebook gesehen und kommentiert:

CDU will Rechte der Verfassungsrichter beschränken

(...)

Die Verfassungsrichter hatten zuletzt das Ehegattensplitting auf homosexuelle Paare ausgeweitet und deren Adoptionsrechte gestärkt. Die Richter werden mit Zweidrittelmehrheit von Bundestags-Wahlausschuss und Bundesrat gewählt. Den bestimmenden Einfluss haben daher bislang stets Union und SPD. Besonders verärgert waren einige Teilnehmer der Runde über den amtierenden Richter Peter Huber, zuvor CDU-Innenminister in Thüringen. Huber ist Mitglied des Senats, der die Dreiprozenthürde zur Europawahl gekippt hatte, was in der Union auf Empörung gestoßen war. Huber tue so, als hätte er nie etwas mit der Union zu tun gehabt, hieß es.

(...)

Zuvor hatte sich schon Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) Rat von Verfassungsrechtlern eingeholt, wie man die Zuständigkeit des Gerichts beschneiden könnte. Es wurde auch darüber gesprochen, die zwölfjährige Amtszeit der Richter zu verkürzen.

(...)


http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/cdu-will-rechte-der-verfassungsrichter-beschraenken-a-962774.html

< Das geht ja gleich gar nicht was die CDU will. Ich bin zwar kein freund von den Herren in Karlsruhe aber sowas geht gleich gar nicht. Komm mir irgend wie grad vor wie in der Türkei oder so.<

Das ist nur folgerichtig. Die CDU beschränkt mit ihrer Blockade von Volksabstimmungen auf Bundesebene ja auch die Rechte des Volkssouveräns. Dass sie sich früher oder später am BVerfG vergreifen würden, war zu jeder Zeit glasklar.
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Re: 60 Jahre Demokratiemängel - Hans Herbert von Arnim

Beitragvon AlexRE » So 6. Apr 2014, 14:42

Der Personenkult kann natürlich keine geteilte Macht gebrauchen ... :roll:

personenkult.jpg
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Re: 60 Jahre Demokratiemängel - Hans Herbert von Arnim

Beitragvon AlexRE » So 6. Apr 2014, 17:09

Ich habe mich mal auf dem Spiegel - Forum zu dem Thema "Verfassungsgericht beschränken" geäußert:

ohne_mich hat geschrieben:Wir haben die Gewaltenteilung nicht ohne Grund in diesem Land! Das ist hier schließlich keine Bananenrepublik in der El Presidente den Gerichten Maulkörbe anlegen kann, wenn ihm die Urteile nicht passen.
Wiederholt stellt sich einem die Frage, ob die Union nicht auf Grund ihrer verfassungsfeindlichen Tendenzen mindestens unter Beobachtung, wenn nicht sogar verboten gehört.



Mein Reden seit dem Gipskrieg ´65 ...

Leider sind VS und BND seit der Gründerzeit der Bundesrepublik personell sehr CDU - nah ausgestattet. Die müssten sich also schon selbst beobachten, was sie - von der allmorgendlichen Nutzung des Rasierspiegels abgesehen - wohl kaum tun werden.
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Re: 60 Jahre Demokratiemängel - Hans Herbert von Arnim

Beitragvon AlexRE » Di 6. Mai 2014, 11:59

AlexRE hat geschrieben:Ich habe mich mal auf dem Spiegel - Forum zu dem Thema "Verfassungsgericht beschränken" geäußert:


Heute hat RA Saschenbrecker den Artikel auf seinem Facebook - Profil geteilt. Ich habe noch einmal etwas dazu geschrieben:
---

>> Die Unionsabgeordneten beklagten, dass Karlsruhe mit seinen Urteilen eine Liberalisierung der Gesellschaft vorantreibe und dabei die eigenen Zuständigkeiten überschreite. <<

Keine Institution in der Bundesrepublik überschreitet ihre Zuständigkeiten so weit wie die CDU. Die nutzt in geradezu verfassungsverachtender Weise ihre Sperrminorität gegen Grundgesetzänderungen aus, gegen den Willen einer großen Mehrheit des Volkes und aller Parlamentarier in Deutschland die Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene zu blockieren:

>> Im März 2002 brachte die rot-grüne Regierung einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Einführung einer dreistufigen Volksgesetzgebung auf Bundesebene in den Bundestag ein.[51] Dieser erhielt eine Mehrheit von 63,38 Prozent und scheiterte damit nur knapp an der erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Für den Antrag stimmten in der namentlichen Abstimmung auch die PDS, 14 Abgeordnete der FDP, darunter der Parteivorsitzende Guido Westerwelle und der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt, sowie der CDU-Abgeordnete und ehemalige Bundesminister Christian Schwarz-Schilling.[52] <<

http://de.wikipedia.org/wiki/Direkte_Demokratie_in_Deutschland

Zur Veranschaulichung der notorischen Aversion deutscher konservativer Politiker gegen das grundgesetzliche Demokratieprinzip sei hier noch einmal an diesen "Vorstoß" des heutigen Abgeordneten im Berliner Senat Gottfried Ludewig erinnert:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/absurder-vorstoss-cdu-verbands-chef-will-rentner-zu-waehlern-zweiter-klasse-degradieren-a-555092.html

Es war also letztendlich nur eine Frage der Zeit, bis CDU - Politiker auf Konfrontationskurs zum Bundesverfassungsgericht gehen würden.

Wer etwas beschädigen will, muss sich zwangsläufig mit den hauptamtlichen Wächtern des zu beschädigenden Objekts anlegen.
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