Innenminister Friedrich kritisiert Verfassungsrichter

Kommentare zu dem entstehenden Verfassungsentwurf bitte nur auf dieses Unterforum schreiben, nicht in den Verfassungstext selbst.

Innenminister Friedrich kritisiert Verfassungsrichter

Beitragvon AlexRE » Di 23. Apr 2013, 20:58

Der Bundesinnenminister meint, dass das Bundesverfassungsgericht "sich nicht in die Tagespolitik einmischen" solle:

Innenminister kritisiert Verfassungsrichter

Friedrich rügt Einmischung aus Karlsruhe

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat das Bundesverfassungsgericht und dessen Präsidenten Andreas Voßkuhle ungewöhnlich scharf kritisiert. Gleichzeitig forderte er, die Karlsruher Richter sollten sich weniger in das politische Tagesgeschäft einmischen. "Wenn Verfassungsrichter Politik machen wollen, mögen sie bitte für den Deutschen Bundestag kandidieren", sagte Friedrich bei einem Symposium des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Berlin. Hintergrund ist die Debatte über eine mögliche Ausweitung der Videoüberwachung nach den Bombenanschlägen von Boston.

(...)


http://www.tagesschau.de/inland/friedrich-vosskuhle-verfassungsgericht100.html

Das habe ich auf Facebook dazu geschrieben:

> "Wenn Verfassungsrichter Politik machen wollen, mögen sie bitte für den Deutschen Bundestag kandidieren", <

Wenn das BVerfG alle paar Wochen mutmaßlich vorsätzliche Grundgesetzverletzungen der politischen Kaste bereinigen muss (ab und zu kommen sie ja nach dem Muster "wo kein Kläger, da kein Richter" damit durch), ist es nicht nur das gute Recht des Präsidenten des Gerichts, bereits im Vorfeld zu befürchtender neuer Verfassungsbrüche als Mahner aufzutreten, sondern die Wahrnehmung einer in der politischen Natur des BVerfG liegenden Pflicht, auch wenn das so nicht im BVerfGG steht.

Das BVerfG gibt es ja nur deshalb, weil die ordentlichen Gerichte in der Weimarer Republik als Hüter der damaligen Verfassungsordnung total versagt hatten. Ohne politische Dimension der Aufgaben des BVerfG wäre ein gesondertes Gericht nur für Verfassungsrechtsstreitigkeiten überflüssig.

In anderen demokratischen Rechtsstaaten, die keine katastrophalen Erfahrungen mit dem Totalversagen einer Verfassungsordnung gemacht haben, gibt es solche Sondergerichte bekanntlich nicht. In den USA z. B. ist derselbe supreme court für Verfassungsrechtsstreitigkeiten zuständig, der auch die oberste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit bildet.

Lange Rede, kurzer Sinn: Friedrich ist ein unverschämtes Großmaul.

https://www.facebook.com/#/alexander.rafalski
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Re: Innenminister Friedrich kritisiert Verfassungsrichter

Beitragvon DJ_rainbow » Mi 24. Apr 2013, 07:12

Und wenn paranoide Gesinnungsterroristen wie Friedrich Politik "machen", braucht man ein starkes Verfassungsgericht, das mit Luchsaugen hinter allem her ist, was die Kleptokraten auch nur angucken.

Wenn Friedrich ohne BVerfG regieren möchte, möge er sich bei Putin oder bei Achleckmichamarsch bewerben, da passt er hin mit seiner Denke, dass der Souverän gefälligst der Obrigkeit zu Diensten zu sein habe statt umgekehrt.
In der Demokratie mästen sich Sozialisten in Parlamenten. Im Sozialismus hungern Demokraten in Zuchthäusern und Arbeitslagern.

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Re: Innenminister Friedrich kritisiert Verfassungsrichter

Beitragvon AlexRE » Mi 24. Apr 2013, 17:39

DJ_rainbow hat geschrieben:braucht man ein starkes Verfassungsgericht, das mit Luchsaugen hinter allem her ist, was die Kleptokraten auch nur angucken.


Wobei dieses "hinterher" ein gravierendes verfassungsrechtliches Problem anspricht. Schließlich generiert jedes der vielen vom BVerfG einkassierten Gesetze materielles Verfassungsunrecht in einer Vielzahl von Einzelfällen, bis das jeweilige Verfahren abgeschlossen und eine verfassungskonforme Rechtslage hergestellt ist - und nicht jedes einmal entstandene Unrecht kann im Nachhinein beseitigt oder durch Entschädigungen ausgeräumt werden.

Auch daraus erklärt sich die politische Dimension der von der übrigen 3. Gewalt abweichenden Funktionen des BVerfG, die Ermahnungen der Akteure in der 1. und 2. Gewalt durch die Verfassungsrichter im Vorfeld möglicher Verfassungsbrüche uneingeschränkt legitimiert.
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Re: Innenminister Friedrich kritisiert Verfassungsrichter

Beitragvon DJ_rainbow » Fr 26. Apr 2013, 14:11

Jo, der Friedrich. Hat jetzt einen neuen Pressesprecher, guggst du hier: http://www.der-postillon.com/2013/04/in ... chung.html

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Re: Innenminister Friedrich kritisiert Verfassungsrichter

Beitragvon Staber » Fr 26. Apr 2013, 17:16

In einem Scheuklappen-Klima aufgewachsen und aufgrund mangelnder Intelligenz und verbohrter Religionshörigkeit zu nichts anderem als Populismus und Repression fähig zu sein, ist für einen Machthaber die schlimmste Kombination unseliger Eigenschaften. Solche Politiker sind es, die eine Gefahr für Deutschland, Europa und die westliche Welt darstellen. Es ist klar, dass ich nicht das "Rotkäppchen" Voßkuhle beschrieben habe.
Herr Voßkuhle hat sich immer noch neutral geäußert.Aber nun sollte er sich aus der medialen Öffentlichkeit zurückziehen, um nicht angreifbar zu werden für Befangenheitsanträge.Wer zuviel mit Medien herumbandelt, wird leicht Opfer von deren mit gesteuerten Intrigen.
Frau Merkel käme das sicherlich dann auch sehr gelegen! Also Vorsicht!

gruß staber
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Gesund bleiben !
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Re: Innenminister Friedrich kritisiert Verfassungsrichter

Beitragvon AlexRE » Sa 4. Mai 2013, 16:00

Der ehemalige Präsident des BVerfG Papier hat sich in einem Welt - Interview zu Herrn Friedrichs Kritik am derzeitigen Präsidenten geäußert.

Das habe ich auf Towandas Forum dazu geschrieben:


Die Welt: Spielt sich ein Machtkampf zwischen Berlin und Karlsruhe ab?

Papier: Nein. Es gibt ja auch umgekehrte Vorwürfe. Ich kann mich gut erinnern, dass namhafte Politiker dem Bundesverfassungsgericht gelegentlich zu große Zurückhaltung vorgeworfen haben. Bei der berühmten Kopftuch-Entscheidung hat man den Richtern sogar Feigheit unterstellt, weil sie dem Gesetzgeber viel Spielraum gelassen haben. Ich habe jedenfalls keine Befürchtungen, dass es zu einer tiefgreifenden Erschütterung unseres Verfassungsgefüges kommt. Die Akzeptanz des Bundesverfassungsgerichts ist enorm.


http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... Licht.html

Das liest sich ganz so, als würde er den Worten des Bundesinnenministers (und diesem selbst) nicht viel Gewicht zumessen. Mit der Einschätzung liegt er sicher richtig.

Das hier sehe ich allerdings ganz anders:

Die Welt: Wie verträgt sich die Mitgliedschaft in einer politischen Partei mit dem höchsten Richteramt?

Papier: Da habe ich überhaupt keine Bedenken. Parteipolitische Zurückhaltung ist natürlich geboten.

Die Welt: Also merkt man es auch nicht, dass Sie auf Vorschlag der CSU und Ihr Nachfolger Voßkuhle auf Vorschlag der SPD gewählt worden sind?

Papier: Ich glaube, sagen zu dürfen: In den beiden Fällen, die Sie genannt haben, ist, beziehungsweise war das so.

Die Welt: Die Rechtsprechung zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gilt manchen als Beleg für den Willen der Richter, Gesellschaftspolitik zu betreiben.

Papier: Den Vorwurf halte ich nicht für zutreffend, obwohl ich bei der Grundsatzentscheidung zur Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft ein Sondervotum gefertigt habe. Die Senatsmehrheit war der Auffassung, dass der besondere Schutz von Ehe und Familie nicht berührt ist, wenn der Gesetzgeber andere Lebensformen mit vergleichbaren Rechten und Pflichten ausstattet. In der Folge dieser Grundsatzentscheidung hat es eine Angleichung auf verschiedenen Feldern gegeben. Offen sind noch das Ehegattensplitting und das volle Adoptionsrecht.


Wenn Richter von Politikern nach Parteibuchproporz ausgesucht werden, ist naturgemäß die politisch-ideologische Einfärbung früherer Urteilsbegründungen oder wissenschaftlicher Texte der Kandidaten der Maßstab für die Personalentscheidungen. Verfassungsrichter kann man also nur werden, wenn man bereits in der Vergangenheit verfassungsrechtliche Fragen durch eine die richterliche Objektivität beeinträchtigende politisch - ideologische Brille betrachtet hat. Bei allem Respekt vor der Integrität des Gerichts: Das kann wirklich nur zu suboptimalen Personalentscheidungen führen.

Das von den Welt - Journalisten als Beispiel angeführte Verfahren belegt dies m. M. n. auch. Für die Auffassung, dass die gleichgeschlechtliche Partnerschaft den besonderen Schutz von Ehe und Familie beeinträchtige, braucht man schon ein (konservative) ideologische Brille, ansonsten ist dafür überhaupt kein handfester sachlicher Grund darstellbar.

Deshalb gehört das hier seit der Gründung von Grundgesetz Aktiv e. V. im Jahre 2008 zu unseren Hauptanliegen:

(...)

Künftig soll eine völlig neu in der Verfassung zu verankernde Bundesversammlung direkt vom Volk gewählt werden und sowohl den Bundespräsidenten als auch die Verfassungsrichter bestimmen. Da diese Aufgabe nur wenig Zeit in Anspruch nimmt, können auch solche Personen für einen Sitz in der Bundesversammlung kandidieren, die parteilos und keine Berufspolitiker sind. Es kommt nur darauf an, im jeweiligen Wahlkreis ein besonders hohes Ansehen bei der örtlichen Bevölkerung zu genießen.

(...)


http://grundgesetzaktiv.de/ziele.htm
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