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Sonnenschein+8+ hat geschrieben:Der Mord § soll geändert werden weil alle meinen dass das von den Nazis stammt
http://www.sueddeutsche.de/panorama/rechtsverstaendnis-aus-nazi-zeiten-justizminister-maas-will-mord-und-totschlag-reformieren-1.18830418. Februar 2014 07:28 Rechtsverständnis aus Nazi-Zeiten
Justizminister Maas will Mord und Totschlag reformieren
"Heimtücke" oder "niedrige Beweggründe": Das kennzeichnet im deutschen Strafrecht einen Mord. Bundesjustizminister Heiko Maas will die entsprechende gesetzliche Regelung überarbeiten - sie stammt noch aus der Zeit des Nationalsozialismus.
Wer hat`s erfunden?
http://opinioiuris.de/entscheidung/878B.
I.
Die Neufassung des § 211 StGB durch das Gesetz vom 4. September 1941 (RGBl. I S. 549) lehnt sich an alte Entwürfe zu einem Schweizerischen Strafgesetzbuch an. Art. 52 des Vorentwurfs dieses Gesetzes nach den Beschlüssen der Expertenkommission 1896 lautete:
Die heute geltende Fassung des § 211 ist insbesondere wegen Art. 103 Abs. 2 ( "besonderes Bestimmtheitsgebot" ) höchst problematisch:
Artikel 103
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
http://dejure.org/gesetze/GG/103.html
Besonderen Bestimmtheitsanforderungen (Klarheit und Genauigkeit) kann eine Formulierung wie "oder sonst aus niedrigen Beweggründen" im § 211 StGB natürlich nicht ansatzweise gerecht werden.
Um so bemerkenswerter ist es, dass der Gesetzgeber von 1949 / Inkrafttreten des GG bis heute allein den Gerichten überlassen hat, eine strukturell verfassungswidrige Vorschrift in einigermaßen verfassungskonformer Weise anzuwenden. Da sie nie irgendwelche "niedrigen Beweggründe" erdichtet haben, die für den Angeklagten völlig überraschend gewesen wären (was das Gesetz ihnen ermöglicht hätte), haben die Richter zumindest das Schadenspotential für den Rechtsstaat, das der Artikel 103 Abs. 2 GG abwenden soll, ohne jede Mitwirkung der Politiker einigermaßen unter Kontrolle gehalten.
Das heißt aber nicht, dass die "sonstigen Beweggründe" nie zu bösen Überraschungen für Angeklagte geführt haben. Die pure Abwesenheit jedes nachvollziehbaren Mordmotivs ( siehe "Tottreter" ) kann z. B. wegen der damit verbundenen totalen Willkür laut BGHSt als sittlich besonders niedrigstehend und damit als ein "sonstiger niedriger Beweggrund" angesehen werden - oder auch nicht, je nach Auffassung bzw. akuter Befindlichkeit der im Einzelfall zuständigen Richter. In solchen besonderen Fällen ist also durchaus ein Verfassungsschaden eingetreten, auch wenn durch das Urteil völlig überraschte Tottreter niemandem leidtun werden (außer sie sich selbst).