Urteile

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Re: Urteile

Beitragvon AlexRE » So 26. Feb 2017, 17:25

Ja klar, bislang jedenfalls. Ab jetzt weiß aber jeder, welcher Lohn den Leiharbeitern zusteht. Wer sie weiterhin zu Dumpingpreisen verleiht und nach einem verlorenen Prozess Insolvenz anmeldet, macht sich auch noch strafbar.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Urteile

Beitragvon AlexRE » Mo 27. Feb 2017, 15:33

Den Angeklagten gönne ich das Urteil, weil solche Totraser auf der gleichen sittlichen Null - Ebene anzusiedeln sind wie Mörder. Der Revision wird es aber sehr wahrscheinlich nicht standhalten. Selbst eine ausgesprochen menschenverachtende Art von bewusster Fahrlässigkeit ist kein bedingter Vorsatz, weil Teilnehmer eines illegalen Autorennens gewinnen wollen und deshalb nicht BILLIGEND in Kauf nehmen, dass sie durch einen Unfall verlieren und womöglich selbst schwer verletzt oder getötet werden.

Hier haben wir es einfach mit einer Gesetzeslücke zu tun, gegen illegale Autorennen im öffentlichen Verkehr muss ein neuer (Verbrechens-) Tatbestand geschaffen werden.

Tödliches Autorennen in Berlin - Ku'damm-Raser wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt

(...)

Im Prozess um ein illegales tödliches Autorennen in Berlin sind die beiden Angeklagten wegen Mordes verurteilt worden. Die beiden 25 und 28 Jahre alten Männer erhielten am Montag im Landgericht lebenslange Freiheitsstrafen. Zudem wurde ihnen lebenslang der Führerschein entzogen. Es ist bundesweit das erst Mal, dass Teilnehmer eines illegalen Autorennens, das mit einem Todesopfer endete, wegen Mordes verurteilt wurden. Der Verteidiger des 28-Jährigen kündigte bereits eine Revision an. Damit wird der Bundesgerichtshof den Fall prüfen.

(...)


http://www.rbb-online.de/panorama/beitr ... erlin.html
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Re: Urteile

Beitragvon Staber » Mo 27. Feb 2017, 19:22

Gut so, dass zumindest diese beiden Raser niemanden mehr totfahren werden.Auch wenn es dem Todesopfer nichts mehr bringt, so werden sich potentielle Straßenrenner zukünftig hoffentlich zweimal überlegen ob sie mit 160 Km/h durch die Innenstadt "ballern".Die Richter haben es sich nicht einfach gemacht und auch ruhig mit ausreichend Sorgfalt verhandelt.
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Re: Urteile

Beitragvon AlexRE » Mo 27. Feb 2017, 20:08

Das Urteil wäre gut, wenn die Rechtslage dieses Ergebnis hergäbe. Das ist aber - leider - m. M. n. ausgeschlossen. Wenn der BGH das Urteil kassiert, werden sich die Hinterbliebenen wohl erst recht vor den Kopf gestoßen fühlen ...
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Re: Urteile

Beitragvon Uel » Di 28. Feb 2017, 12:21


Alex, Du hast Recht, die Problematik entsteht nur, weil die Politiker der Realität dieser Autorennen in der Vergangenheit nicht entsprechend gehandelt haben.

Das Problem ist, dass es zwischen grob fahrlässiger Tötung und dem Mord mit zielgerichteter Absicht offenbar keine weitere Stufung gibt?

Jedenfalls ist für mich bei Raserei mit 150km/h über mehrfach rote Ampel innerhalb einer Stadt keine grobe Fahrlässigkeit in Sachen Tötung mehr gegeben. Zwar ist kein gezielter Mord ausgeübt worden, aber Verletzung und Tötung wurden aus niedersten Beweggründen mehr als nur in Kauf genommen, es musste von einem Unfall als Regel ausgegangen werden, da die Unglückswahrscheinlichkeit in keinem Verhältnis mehr zu fahrlässig oder grob fahrlässig steht. Jeder grob fahrlässig Verurteilte muss sich im Vergleich zu diesem Verhalten als Unrechtsopfer vorkommen.

Diese Differenzierungsdiskrepanz wird besonders dadurch deutlich, dass bei (grob-) fahrläsig oftmals ein einmaliges Nichttätigwerden / Nichtbeachten ausreicht. Bei diesen berliner Kriminellen aber war es ein permanentes Tätigwerden in Richtung Unglück, bei 70km/h nicht runter vom Gas, bei 100, .... 120, ...130, ....140 ect., die ganze Zeit, wo man abbrechen könnte stehen/geben die aktiv Gas, die Gefährlichkeit nimmt zu und man sucht sie aktiv weiter.

PS.: wir sollten mal das in US-Krimis/Filmen übliche stundenlange mit höchster Geschwindigkeit fahrspurwechselnd und bürgesteignutzende Verfolgungs-Dramaturgie-Element ob seines verrohenden Einfluss auf möchtegern Rennfahrer hinterfragen
Liebe Grüße
von Uel

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Re: Urteile

Beitragvon AlexRE » Di 28. Feb 2017, 14:17

Uel hat geschrieben:Das Problem ist, dass es zwischen grob fahrlässiger Tötung und dem Mord mit zielgerichteter Absicht offenbar keine weitere Stufung gibt?


Doch, zwischen Fahrlässigkeit und Absicht gibt es sehr wohl Abstufungen. Hier geht es aber nur um den Unterschied zwischen (bewusster) Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz, weil im deutschen Strafrecht für Tötungsdelikte und Körperverletzung jede Art von Vorsatz reicht. Anders als bis heute in vielen anderen Ländern und in Deutschland von 1871 bis 1941 macht die stärkste Vorsatzform (Absicht bzw. bis 1941 "mit Vorbedacht") auch nicht mehr den Unterschied zwischen Mord und Totschlag aus. Das wurde durch den Katalog der Mordmerkmale ersetzt, was viele Leute rechtspolitisch für anstößig halten, weil die Killer so in sittlich höher- und minderwertige unterteilt werden. Das finde ich auch nicht so gelungen.

Aber auch der bedingte Vorsatz verlangt, dass der Täter den Todeseintritt BILLIGEND in Kauf nimmt, also die Gefahr nicht nur sieht, sondern die Verwirklichung gewissermaßen positiv würdigt. Wenn er noch so leichtfertig ist und dabei davon ausgeht, dass es schon irgendwie gut gehen werde, ist das nur bewusste Fahrlässigkeit.

Deshalb halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass das Urteil der Revision standhalten kann. Die Teilnehmer eines Autorennens wollen nun einmal gewinnen und nicht als Verlierer in einem zerfetzten Auto sterben. So eine Raserei müsste einfach an sich ein schweres Verbrechen sein, wir haben da eine schäbige Gesetzeslücke. Die Untätigkeit der Politiker kann das Landgericht Berlin aber m. M. n. so nicht wettmachen. Ich schätze aber, dass der BGH das dem Wahlvolk erst nach den Wahlen im September mitteilen wird.
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Re: Urteile

Beitragvon Uel » Di 28. Feb 2017, 15:20


Alex, nur damit ich das richtig verstehe:

Wenn jemand mit seinem Kumpel ein Wettschießen macht, und zwar nur auf Gegenstände und zur Kick-Erhöhung mal dicht neben lebenden Personen, und weil ihnen bewusst ist, dass ihre Fehlerquote nur bei 5% für tödliche Querschläger ist, so sind sie beim Eintritt der 5%Quote nicht Mörder sondern grob/bewußte fahrlässige Totschläger, da sie nicht den Menschen, sondern NUR das zugegeben zu dichte Ziel im Fokus ihres "Sports" hatten, was gerade die "Kunst" und den "Kick" ihres "Sports" ausmachte?
Spinnen wir nicht in unserer Spitzfindigkeit? :oops:

Wer wegen eines aktiv verfolgten Vorteils (Gewinn eines Raser-Duells) wegen den Tod eines Anderen in Kauf nimmt, den sollten wir unter die wie dann auch immer bezeichneten Mörder einordnen.

Denn wenn diese Todesraser nicht auch von der Gefährlichkeit für Andere in der Stadt angetan wären, würden sie den "Sport" auch auf einer einsamen, außerörtlichen, engen Allee treiben können mit stabilen alten Baumen, mit erheblich größeren Spaß- und Risiko-Kick für ihr eigenes Leben. Machen sie aber nicht.

Es soll auch Rennsportstrecken in Deutschland geben, wo bei Eintrittsgeld Nachwuchsraser so richtig gefordert werden (z.B. Nürburgring) und bei relativ geringen Kolateralschäden ihr Allerliebstes so richtig schrotten können.

Nein, man steht auf viel mehr und weicheren "Schikanen" in der Stadt.


Meines Erachtens muss man von dem Wort Fahrlässigkeit wegkommen, weil es einen zu passiven Inhalt zum wahren Inhalt der hier gegebenen Tat hat, dem aktiv getönten Risikokitzel.

Liebe Grüße
von Uel

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Re: Urteile

Beitragvon AlexRE » Di 28. Feb 2017, 22:32

Der Vergleich mit dem Wettschießen passt nicht so recht, weil man in diesem Fall das "Billigen" vielleicht gerade noch damit begründen könnte, dass die Gefahr des Todeseintritts gerade den Kick ergibt und deshalb im Rahmen des gesamten Tatplanes eine positive Würdigung erfährt.

Bei einem illegalen Autorennen geht das aber m. M. n. nicht (wie gesagt, ich können diesen Killern eine lebenslängliche Strafe, glaube nur nicht an Chancen des Urteils vor dem BGH). Niemand nimmt an einem Wettbewerb gleich welcher Art teil und "billigt" das mögliche Ergebnis, als Verlierer zu sterben.
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Re: Urteile

Beitragvon Uel » Mi 1. Mär 2017, 11:24

Bei einem illegalen Autorennen geht das aber m. M. n. nicht (wie gesagt, ich können diesen Killern eine lebenslängliche Strafe, glaube nur nicht an Chancen des Urteils vor dem BGH). Niemand nimmt an einem Wettbewerb gleich welcher Art teil und "billigt" das mögliche Ergebnis, als Verlierer zu sterben.


Ob der Täter wirklich sterben will ist doch völlig belanglos, es geht erst einmal um das Billigen des Sterbenlassens "weicher Ziele" wie Fußgänger, Radfahrer und Autoinsassen in ungünstiger physikaler Knautschzonenposition, denn der Jeepfahrer wurde ja getötet, im Gegensatz zu dem Unfallfahrer, der anscheinend selbst bei der hohen Geschwindigkeit relativ schadlos blieb.

Dass das "Nicht-Sterben-Billigen" nicht so generell gelten wird, wie Dein "Niemand" es nahelegt, zeigt die Faszination des Risikos. Gerade weil man dabei sterben kann und die Weicheier dazu nicht den Mut haben, macht den Wettfahrer ja schon von vornerein zum Siegertyp, zum harten Knochen, selbst wenn er das aktuelle Wettrennen mal verloren hat. Das ist das Gleiche, was Menschen zum extremen Bergsteigen und Bungee-Springen treibt. Wenn man dabei bei kleinsten Fehlern nicht leicht sterben könnte, würde es für die Clientel keinerlei Reiz mehr besitzen.

Dass wir da pervers denken, kann man in jedem 2. US-Film sehen, wo der GUTE HELD den Bösen mit hoher Geschwindigkeit über Bürgesteige verfolgt, und dennoch der GUTE bleibt, obwohl er gerade eine große Straftat in der Gefährdung vieler Menschen vollbringt, nur um einen einzelnen Menschen festzusetzen. Aber er ist und bleibt halt der GUTE HELD, der den an sich wahrscheinlichen Tod nicht scheut um das gute Prinzip durchzusetzen, die geschädigten Opfer sind belanglose Kollateralschäden im Vergleich zum Heldentums des Einzelnen.

Dass diese Autoraser sich selbst "erhöht" fühlen, zeigt doch auch ihre fast durchgängige Unfähigkeit, sich bei den erniedrigten Opfern ernsthaft und glaubhaft zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten. Ein Gewinner hat doch einen Looser, -ein Opfer, um Nichts zu bitten, undenkbar!


Liebe Grüße
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Re: Urteile

Beitragvon AlexRE » Mi 1. Mär 2017, 20:54

Uel hat geschrieben:Dass das "Nicht-Sterben-Billigen" nicht so generell gelten wird, wie Dein "Niemand" es nahelegt, zeigt die Faszination des Risikos. Gerade weil man dabei sterben kann und die Weicheier dazu nicht den Mut haben, macht den Wettfahrer ja schon von vornerein zum Siegertyp, zum harten Knochen, selbst wenn er das aktuelle Wettrennen mal verloren hat. Das ist das Gleiche, was Menschen zum extremen Bergsteigen und Bungee-Springen treibt. Wenn man dabei bei kleinsten Fehlern nicht leicht sterben könnte, würde es für die Clientel keinerlei Reiz mehr besitzen.


Wenn in der Urteilsbegründung sehr sauber herausgearbeitet würde, dass der Status des Siegertyps für den Täter an oberster Stelle steht und sowohl die eigene Gesundheit und das geliebte Auto als auch das Leben anderer Menschen nachrangig für ihn sind, dann könnte man bei extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen vielleicht das billigende in Kauf nehmen des Todeseintritts im Sinne eines sich mit dem Preis der obersten Priorität Abfindens begründen - das allerdings möglichst mit einem psychologischen Gutachten unterlegt.

So eine saubere Begründung haben ich in diesem Fall allerdings vom LG Berlin nicht gelesen, das Veröffentlichte erscheint mir eher schwammig. Hier bekommt das LG Berlin schon einmal Unterstützung von einem Strafrechtsprofessor:


Mord-Urteil für die Ku'damm-Raser

Alles andere hätte ich nicht ver­standen

von Prof. Dr. jur. Michael Kubiciel 28.02.2017


Das Urteil gegen die Männer, die beim Autorennen einen Menschen töteten, wird überwiegend als Symbolik bewertet. Michael Kubiciel findet es dagegen rechtsdogmatisch nicht überraschend. Und richtig. Subjektiv, aus der Sicht eines Kölners.

(...)


http://www.lto.de/recht/hintergruende/h ... kommentar/

Aber auch das ist m. M. n. noch viel zu wackelig (und für einen Wissenschaftler viel zu persönlich betrachtet) und wird für eine Bestätigung des Urteils in der Revision so nicht ausreichen.
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