Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündig

Wie konsequent soll die nach der Selbstauflösung neu zu gründende Partei für die Trennung von Staat und Kirche eintreten? Soll die Kirchensteuer abgeschafft werden?

Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündig

Beitragvon Sonnenschein+8+ » Fr 21. Nov 2014, 08:39

Verfassungsgericht

Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündigen

Karlsruhe - Die katholische Kirche darf Mitarbeitern auch weiterhin kündigen, wenn diese nach einer Scheidung zum zweiten Mal heiraten. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Richter bestätigten damit grundsätzlich den Sonderstatus der Kirchen, der die Entlassung von Angestellten aus sittlich-moralischen Gründen erlaubt. Arbeitsgerichte dürften dieses "kirchliche Selbstverständnis" nur eingeschränkt überprüfen, entschieden die Richter (Az.: 2 BvR 661/12).


http://www.spiegel.de/karriere/berufsle ... 04065.html

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Re: Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündig

Beitragvon Livia » Fr 21. Nov 2014, 10:05

Sonnenschein+8+ hat geschrieben:Verfassungsgericht

Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündigen

Karlsruhe - Die katholische Kirche darf Mitarbeitern auch weiterhin kündigen, wenn diese nach einer Scheidung zum zweiten Mal heiraten. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Richter bestätigten damit grundsätzlich den Sonderstatus der Kirchen, der die Entlassung von Angestellten aus sittlich-moralischen Gründen erlaubt. Arbeitsgerichte dürften dieses "kirchliche Selbstverständnis" nur eingeschränkt überprüfen, entschieden die Richter (Az.: 2 BvR 661/12).


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Das war und ist bei uns heute noch so. :) Gott ist gütig, er erlöst alle von Schuld und lässt sie sühnen.
Viele Leute würden bereitwillig zugeben, dass sie sich langweilen; aber kaum einer würde zugeben, dass er langweilig ist.

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Re: Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündig

Beitragvon maxikatze » Fr 21. Nov 2014, 15:23

Sonnenschein+8+ hat geschrieben:Verfassungsgericht

Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündigen

Karlsruhe - Die katholische Kirche darf Mitarbeitern auch weiterhin kündigen, wenn diese nach einer Scheidung zum zweiten Mal heiraten. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Richter bestätigten damit grundsätzlich den Sonderstatus der Kirchen, der die Entlassung von Angestellten aus sittlich-moralischen Gründen erlaubt. Arbeitsgerichte dürften dieses "kirchliche Selbstverständnis" nur eingeschränkt überprüfen, entschieden die Richter (Az.: 2 BvR 661/12).


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Nennt man sowas nicht Nötigung, wenn mit Entlassung gedroht wird, weil er/sie wieder heiraten möchte?
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Re: Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündig

Beitragvon AlexRE » Fr 21. Nov 2014, 16:55

maxikatze hat geschrieben:Nennt man sowas nicht Nötigung, wenn mit Entlassung gedroht wird, weil er/sie wieder heiraten möchte?


Ich würde mich jedenfalls in der Situation des Arztes genötigt fühlen. Es können sich aber auch alle nichtkatholischen Steuerzahler und Krankenversicherten genötigt fühlen, mit ihren Zwangsabgaben eine katholische Moral in öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern mitzufinanzieren, die sich aus ihrer Sicht als Doppelmoral darstellt. Das Ganze ist ja typisch katholisch - doppelbödig. Kein Arzt oder auch Priester würde entlassen, weil er für uneheliche Kinder mit mehreren Frauen Alimente zahlt. Wer aber wieder heiratet und den Kinden damit eine Familie mit gesichertem rechtlichen Rahmen bietet, wird aus einer der geltenden verfassungsrechtlichen Werteordnung zuwiderlaufenden theologischen Dogmatik heraus künstlich und wahrheitswidrig (auch auf jede denkbare göttliche Wahrheit bezogen) auf einen niedrigen sittlich-moralischen Status heruntergelogen (also verleumdet, siehe 8. Gebot).

Deshalb verkennt das BVerfG hier, dass durch die Kündigung die Grenzen der der kirchlichen Sonderrechte überschritten sind:

(...)

Die konventionsrechtliche Neutralitätspflicht des Staates
in religiösen Angelegenheiten untersagt den staatlichen Stellen hierbei
ebenfalls eine eigenständige Bewertung und Gewichtung von
Glaubensinhalten. In bestimmten Ausnahmefällen ist der Staat hiervon
entbunden, insbesondere wenn die Loyalitätsobliegenheit oder deren
Gewichtung im Kündigungsfall gegen Grundprinzipien der Rechtsordnung
verstößt oder wenn sie im Ergebnis zu einer offensichtlichen Verletzung
eines anderen Konventionsrechts in seinem Kerngehalt führt.

5. Nach diesen Maßstäben verstößt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts
vom 8. September 2011 gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art.
140 GG und Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV, da die bei der Anwendung des § 1
Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vorgenommene Interessenabwägung
dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht der Beschwerdeführerin nicht in
dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang Rechnung trägt.

(...)


https://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg14-103.html

Wenn diese Rechte schon so weit gehen sollen, dass die Dogmen einer Religionsgemeinschaft über große Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen vielen Andersgläubigen aufgenötigt werden können, dann müssen diese aufgenötigten Spielregeln wenigsten in sich stimmig sein und dürfen nicht wegen ihrer inneren Widersprüchlichkeit beliebiger Willkür Tür und Tor öffnen. Das absolute Willkürverbot des Grundgesetzes ist nämlich untrennbar mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verbunden und deshalb unantastbar ( = "ewiges Verfassungsrecht", Art. 79 Abs. 3 GG). Das gilt sogar für Verfassungsrichter.
Der Stuttgarter OB Rommel:

Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Katholische Kirche darf Geschiedenen bei Wiederheirat kündig

Beitragvon AlexRE » Fr 21. Nov 2014, 21:40

Das ist der Beitrag des Portals "Rechtsindex" zu dem Thema:

BVerfG: Kirche darf Wiederverheiratete entlassen

(...)



WEITERE URTEILE ZUM THEMA

Urteil AGG: Kirchlicher Arbeitgeber - Konfessionsloser Bewerber
Verwaltungsgerichte sind nicht für Schlichtung innerkirchlicher Konflikte zuständig
Sexuelle Handlungen an Minderjährigen - Priester werden Bezüge gekürzt


http://www.rechtsindex.de/arbeitsrecht/4567-bverfg-beschluss-2-bvr-661-12-kirche-darf-wiederverheiratete-entlassen


... und das findet sich in der Fußnote "Weitere Urteile zum Thema": :evil:


Sexuelle Handlungen an Minderjährigen - Priester werden Bezüge gekürzt

Nachdem bekannt wurde, dass ein katholischer Priester in den 60er Jahren sexuelle Handlungen an Minderjährigen vorgenommen habe, konnte dies aufgrund Verjährung nicht mehr verfolgt werden. Inzwischen im Ruhestand wurden seine Bezüge gekürzt. Zu Recht, so das VG Stuttgart.

Mit Beschluss vom 03.07.2012 hat daher das Verwaltungsgericht Stuttgart den Eilantrag eines katholischen Priesters (Antragsteller) im Ruhestand, mit dem dieser im Wege einer einstweiligen Anordnung erreichen wollte, dass ihm die Diözese Rottenburg-Stuttgart seine Bezüge ohne 20%ige Kürzung ausbezahlt, abgelehnt.

(...)


http://www.rechtsindex.de/recht-urteile/2697-sexuelle-handlungen-an-minderjaehrigen-priester-werden-bezuege-gekuerzt
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