Die fetten Jahre sind vorbei

Hier wird das wirtschaftspolitische Profil für die Zeit nach der 2. Parteigründung diskutiert.

Die fetten Jahre sind vorbei

Beitragvon Staber » Di 5. Sep 2023, 13:44

Nach dem Ende der Sommerpause bringt Finanzminister Lindner heute den Haushaltsentwurf für 2024 in den Bundestag ein. Der Etat soll die Schuldenbremse einhalten - für Zusatzwünsche bleibt wenig Spielraum.
https://www.reddit.com/r/de/comments/16 ... ?rdt=43466
Die fetten Jahre sind vorbei? Ich habe gar nicht mitbekommen, dass wir bis jetzt fette Jahre hatten. Für wen waren es denn fette Jahre, bestimmt nicht für die Geringverdiener usw., da hat er Recht, es wird noch schlechter werden und die Reichen immer reicher. Also nix neues. Für Lindner persönlich waren es bestimmt fette Jahre, aber nicht für Menschen, welche schon immer rumknapsen müssen. Oder meint er endlich die Umverteilung von oben nach unten, das wäre ja mal was. Man darf ja mal träumen.
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Re: Die fetten Jahre sind vorbei

Beitragvon AlexRE » Di 5. Sep 2023, 15:15

Fette Jahre gab es immer nur für eine Minderheit. Die wird vielleicht kleiner werden, aber ganz sicher noch fetter als bisher.
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Ich trete überall, wo das notwendig ist, der Meinung entgegen, der Umstand, dass die Diktatur zu allem fähig war, berechtige dazu, die Demokratie zu allem unfähig zu machen.
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Re: Die fetten Jahre sind vorbei

Beitragvon AlexRE » Do 30. Nov 2023, 16:43

Es wird ernst mit der Abwanderung energieintensiver Produktion aus Deutschland. Michelin verlässt das Land:

https://m.faz.net/aktuell/wirtschaft/un ... 45950.html
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Re: Die fetten Jahre sind vorbei

Beitragvon Staber » Fr 1. Dez 2023, 15:14

Moin!
Das ist nichts Neues und passiert so seit 20, 30 Jahren. Es ist ein Race to the Bottom. Es wird für die nächsten 20, 30 Jahre noch immer ein Land geben, wo noch billiger produziert werden kann. So lange nach dem Prinzip gewirtschaftet wird "der Preis ist heiß" und "Geiz ist geil" wird sich nichts ändern. Da helfen auch keine Subventionen oder Steuervergünstigungen für Unternehmen, die noch in Deutschland produzieren. Und das Fuhrunternehmen bei dem Preisdruck, denn auch da soll ja alles schön billig bleiben, verstärkt zu günstigeren Reifen greifen ist nicht verwunderlich. Auf "gut ist nicht billig" und "billig ist nicht gut" kann keine Rücksicht genommen werden, mal davon abgesehen, dass auch aus s.g. Niedriglohnländern inzwischen gute Reifen kommen, die evtl. auch mit Maschinen produziert werden, die aus Deutschland eingekauft wurden. Im Speditionsgewerbe finden die Unternehmen kaum fahrendes Personal. Woran liegt das wohl? Miese Bedingungen im Job (z.B. finde einen Parkplatz bei Fahrzeitende) und schlechte Bezahlung? Es greift alles ineinander. Irgendwann wird im Westen dann nichts mehr produziert und nur noch Dienstleistungsjobs bleiben übrig. Die werden aber auch weniger, weil viele davon künftig durch den Einsatz von KI wegfallen - ist ja günstiger! Zum Schluss wird man dann noch nicht mal die Reifen, um beim Beispiel zu bleiben, aus den Niedriglohnländern importieren können, weil man sich auch die nicht mehr wird leisten können. Ast + Säge..... gell?
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Re: Die fetten Jahre sind vorbei

Beitragvon AlexRE » Fr 1. Dez 2023, 19:22

Staber hat geschrieben:Auf "gut ist nicht billig" und "billig ist nicht gut" kann keine Rücksicht genommen werden,


Darauf werden die Spediteure aber irgendwann Rücksicht nehmen müssen, weil das auch ein ökonomisches Gesetz ist. Der billige Schrott muss früher ausgetauscht werden als Qualitätsware und die Versicherungen haben auch noch ein Wörtchen mitzureden, wenn Billigreifen öfters Unfälle verursachen. Langfristig wird sich eine höhere Qualität, die auch ökonomischer ist, auf jeden Fall gegen Auswüchse der "Geiz ist geil" - Mentalität behaupten können. Jedenfalls dort, wo harter Preiswettbewetb herrscht.

Die Knappheit an Fahrern ist ist ein sehr spezielles Problem, das in anderen Branchen in dieser Form unbekannt ist. Das hat nämlich mit der Abschaffung der Wehrpflicht zu tun. Die Bundeswehr beglückt die Branche nicht mehr mit so vielen für die Wirtschaft kostenlos ausgebildeten LKW - Fahrern wie zur Zeit des kalten Krieges. Ein LKW - Führerschein kostet aber bis zu 10.000 Euro. Das bezahlt kaum jemand privat dafür, in einem unterdurchschnittlich bezahlten und überdurchschnittlich aufreibenden Job arbeiten zu dürfen.

Es bleiben also die Jobcenter als Sponsoren der Speditionsbranche. Die können LKW - Führerscheine für Langzeitarbeitslose finanzieren. Diese Arbeitsmarktreserve hat aber auch ein größeres Problem mit überdurchschnittlich aufreibenden Tätigkeiten. Wer durch Stress leicht krank wird, ist dann am Ende auch nur ein Langzeitarbeitsloser mit vielen Führerscheinen.
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Re: Die fetten Jahre sind vorbei

Beitragvon Staber » Sa 2. Dez 2023, 18:24

Die Bundeswehr beglückt die Branche nicht mehr mit so vielen für die Wirtschaft kostenlos ausgebildeten LKW - Fahrern wie zur Zeit des kalten Krieges.


Moin Alex!
Da kann ich nur zustimmen. Ich habe bei der Bw die Führerscheinklassen 1( Kradmelder) und
2 (für den Panzerführerschein Voraussetzung) auf den 5 Tonner MAN gemacht. Dazu kam noch die PZ. Führerscheine 1-3 damals noch auf dem M47. Nach meinem Dienstende habe ich den Führerschein dann Umschreiben lassen für Sage und Schreibe 2 Deutsche Mark. Sehr... sehr
preiswert.
Wünsche eine schöne Adventszeit. ;)
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Re: Die fetten Jahre sind vorbei

Beitragvon Uel » So 3. Dez 2023, 17:18

... und 2 (für den Panzerführerschein Voraussetzung) auf den 5 Tonner MAN gemacht.


... ich auch, lieber Staber!
Trotz Panzerbataillon war ich nicht für Panzer vorgesehen, sondern für einen Unimog, der 30L Super (welch ein logistischer Unsinn) auf 100km brauchte, und da war wirklich keine Geländefahrt dabei. Das MAN-Ungetüm musste ich auch fahren, ohne Lenkhilfe! Das Extrem war der DKW-Munga, den man selbst im Sommer mit voller Heizung fuhr, damit der Motor nicht ständig überhitzte. Der gefühlt 50cm lange Schalthebel mit seiner Biegsamkeit war eine Katastrophe. Ja, die BW hat immer schon ein Händchen dafür gehabt, die Wirtschaft durch überholte Technik zu fördern. ;)

Es war allerdings ein Geben und Nehmen zwischen Bundeswehr und Wirtschaft: z.B. KFZ-Leute wurden erst nach der Ausbildung gezogen und hatten dann da natürlich teilweise mehr Ahnung als die Vorgesetzten. ... Auch die jungen Ärzte, - die konnten an relativ ausgesucht gesunden Menschen üben ;)
Liebe Grüße
von Uel

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Firmen schlagen Alarm: Standort Deutschland fällt ab

Beitragvon Staber » Do 18. Jan 2024, 18:42

Moin!

Verarmung mit Ansage würde ich sagen.
Diese Entwicklung kommt nicht unerwartet. Sie spiegelt vielmehr die imperialistische Wirtschaftspolitik Deutschlands seit der Jahrtausendwende wieder. Diese setzte gezielt auf Profitmaximierung durch Exportüberschüsse, sowohl zulasten der Binnennachfrage, als auch der schwächeren Länder, deren Wirtschaft dadurch zwangsläufig höhere Ausgaben für Importe als Einnahmen verbuchen muss.
Ein wichtiger Motor dafür war die Agenda 2010, auch genannt< Hartz-Gesetze>. Unter der Schröder-Regierung war diese ab 2003 schrittweise eingeführt worden soweit ich mich erinnere. Durch massiven Sozialabbau und strenge Repressionen gegen Erwerbslose konnte ein riesiger Niedriglohnsektor in Deutschland aufgebaut werden. Dieses Ziel hatte der damalige SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder damals freimütig eingeräumt.
Die Absicht dahinter entsprang den neoliberalen Doktrinen: Die deutsche Wirtschaft sollte den europäischen und Weltmarkt mit billigen Waren überschwemmen, um durch Masse ihre Profitraten zu steigern. So sollte sie sich trotz der ihr zunehmend zusetzenden Kapitalverwertungskrisen konsolidieren – auf Kosten der eigenen Bevölkerung. Dafür musste der Wert der Ware Arbeitskraft gesenkt werden.


https://www.morgenpost.de/wirtschaft/ar ... tudie.html
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Re: Firmen schlagen Alarm: Standort Deutschland fällt ab

Beitragvon AlexRE » Do 18. Jan 2024, 21:10

Der große Niedriglohnsektor wurde auf eine hohe Arbeitsproduktivität gesattelt und hat Ländern in der Eurozone mit geringerer Arbeitsproduktivität erheblichen Schaden zugefügt. Hier wird detailliert erläutert, wieso es ein makrökonomischer Fehler ist, bei steigender Arbeitsproduktivität die Löhne zu drücken:

https://www.bpb.de/themen/wirtschaft/eu ... ntwickeln/

Anscheinend hat Gerhard Schröder die Publikationen der Bundeszentral für politische Bildung nicht zur Kenntnis genommen. Der liest aber auch keine Geschichtsbücher, sonst würde er auf deutliche Distanz zu Putin gehen.
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Re: Firmen schlagen Alarm: Standort Deutschland fällt ab

Beitragvon AlexRE » Do 18. Jan 2024, 21:13

Wenn keine Einwände bestehen, lege ich morgen das hiesige Thema mit diesem älteren Thema zusammen:

viewtopic.php?f=15&t=4897
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