Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Hier wird das wirtschaftspolitische Profil für die Zeit nach der 2. Parteigründung diskutiert.

Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon Sall May » Sa 10. Jul 2010, 00:56

Heute aktuell auf Bürgermeinungen:

Bürgerarbeit, nun ist es amtlich? Was soll man dazu noch sagen? Natürlich werden reguläre Arbeitsplätze verdrängt. So wird kein Arbeitsplatz mehr geschaffen. Fördern sollte man die kleinen Unternehmen, doch die gehen platt, und können dann auch Bürgerarbeit verichten um wieder wo Fuß zu fassen?

Langzeitarbeitslose sollen künftig sogenannte "Bürgerarbeit" verrichten. Arbeitsministerin von der Leyen stellte ein entsprechendes Drei-Jahres-Programm vor. Bisherige Hartz-IV-Empfänger sollen künftig alte Leute pflegen, Sporttraining für Jugendliche leiten oder Laub aufsammeln.

Berlin - Am 15. Juli soll das Projekt starten. Langzeitarbeitslose, die als erwerbsfähig gelten, sollen dann sogenannte Bürgerarbeit verrichten. Knapp die Hälfte aller Jobcenter in der Bundesrepublik beteilige sich an der Maßnahme, sagte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen am Freitag in Berlin. Am Anfang stehe eine mindestens sechsmonatige "Aktivierungsphase", an der rund 160.000 Hilfebedürftige teilnähmen. Bei jedem Betroffenen soll individuell getestet werden, für welche Aufgabe er in Frage komme. Erfahrungsgemäß könnten vier von fünf Arbeitslosen auf diese Weise vermittelt werden oder verzichteten freiwillig auf Regelleistungen, sagte von der Leyen. Für das drei Jahre laufende Programm stünden 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung.


Wer in den sechs Monaten nicht in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden kann, soll einen der 34.000 vorgesehenen "Bürgerarbeitsplätze" bekommen. "Die Bürgerarbeit ist gewissermaßen die konsequenteste Form des Förderns und Forderns", sagte von der Leyen. Die "Bürgerarbeiter" könnten beispielsweise ältere und behinderte Menschen betreuen, Sportangebote für Jugendliche leiten oder Laub aufsammeln, schlug die Ministerin vor. Dabei könnten die Kommunen jedoch selbst entscheiden, welche Arbeiten "ihre" Bürgerarbeiter übernehmen können. Wichtig sei, dass die Arbeit gemeinnützig ist und keine regulären Jobs verdrängt. Für eine 30-Stunden-Woche sollen die Bürgerarbeiter 900 Euro im Monat bekommen.

Quelle und gesamter Inhalt: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,705679,00.html


Die z. B. Lautentsorgung bekamen früher private als bezahlten Auftrag. Und für das Laub vor der eigenen Haustüre waren die jeweiligen Bewohner zuständig.

Alte Menschen wurden früher innerhalb der Familie gepflegt, da bedurfte es keiner fremden die diese Arbeit unter Zwang verichten mussten.

Beim Sport hat man sich in den Vereinen ehrenamtlich eingebracht, weil es in der eigenen Interessenslage lag.
Sall May
 

Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon AlexRE » Sa 10. Jul 2010, 01:03

"Die Bürgerarbeit ist gewissermaßen die konsequenteste Form des Förderns und Forderns", sagte von der Leyen.


So wie das Gelalle von ihrem Parteifreund Koch die brutalstmögliche Form des Aufklärens war. Tatsächlich ist das natürlich nur alter Wein in neuen Schläuchen.
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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon maxikatze » So 11. Jul 2010, 10:51

Bürgerarbeit , warum nicht?
30 Stunden Wochenarbeitszeiten sind wirklich nicht zuviel und bei einem Stundenlohn von 7,50 € kann ich kein so großens Ausbeuten der Arbeitskräfte erkennen. Es ist kein 1 € Job, sondern eine befristete Arbeitsstelle.
Mir wäre jedenfalls eine sinnvolle Beschäftigung lieber als mich allein nur mit H4 begnügen zu müssen.
Und dass in Alten - und Pflegeheimen je nach Eignung Bürgerarbeit hervorragend passt, lässt sich damit begründen, dass chronische Unterbesetzung und Überlastung des Pflegepersonals etwas eingedämmt werden könnte. Zumal die Träger der Altenheime sowieso keine Neueinstellungen planen, weil es ihnen aus Kostengründen kaum möglich ist.
Gleiches gilt auch für Tierheime oder Stadtbibliotheken.
Das Argument, Bürgerarbeit nimmt anderen die Arbeitsplätze weg, zieht nicht. Wenn die Wirtschaft keine weiteren Arbeitsplätze anbieten kann, aus welchen Gründen auch immer, ist Bürgerarbeit keine zu verteufelnde Sache.
Mal ganz abgesehen davon, dass das Selbstwertgefühl angehoben wird, wenn der Arbeitslose nicht aufs Abstellgleis gestellt wird und er das Gefühl hat, dass er in der Gesellschaft gebraucht wird.
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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon AlexRE » So 11. Jul 2010, 12:35

maxikatze hat geschrieben: Das Argument, Bürgerarbeit nimmt anderen die Arbeitsplätze weg, zieht nicht. Wenn die Wirtschaft keine weiteren Arbeitsplätze anbieten kann, aus welchen Gründen auch immer, ist Bürgerarbeit keine zu verteufelnde Sache.


Die Gefahr ist, dass heute existierende Arbeitsplätze durch die Bürgerarbeit ersetzt werden. Das ist auch mit den 1 € - Jobs häufig passiert, obwohl das gesetzlich verboten ist. In RE sind sogar in einem Fall 40 (!) 1 € - Jobber unter Missachtung dieser Vorschriften so eingesetzt worden, dass sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in einem Altenheim dadurch verdrängt wurden.

Die Verantwortlichen wurden wegen Untreue angeklagt, sind aber mit einem "blauen Auge" davongekommen:

Das Untreue-Verfahren gegen den früheren Geschäftsführer der Vestischen Arbeit wurde gegen Zahlung von 5000 Euro eingestellt Der Heimleiter des Altersheim „Grullbad“ muss 2000 Euro zahlen. Die Verfahren gegen die beiden anderen Angeklagten,– beide sind mittlerweile von der Vestischen Arbeit an ihren früheren Arbeitgeber zurückgegeben worden – wurden ohne Auflagen eingestellt.


Quelle: berlin-unzensiert.de
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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon DJ_rainbow » So 11. Jul 2010, 13:02

Mangelhafte Aufsicht gibt es überall, das kann aber kein Argument sein.

Unsere Stadt steht unter Nothaushaltsrecht, darf also bspw. keine neuen Stellen schaffen, keine nicht mehr besetzten Stellen neu besetzen usw. - also bleibt bspw. im Winterdienst die Arbeit liegen. Beim Kassieren der Gebühren ist man freilich nicht so pingelig, Leistungen und Gegenleistungen aufzurechnen.

Fakt also: Die Stadt erfüllt ihre satzungsgemäßen Pflichten nicht, obwohl der Bürger dafür zahlt (ich habe leider als Mieter keine Möglichkeit, dagegen vorzugehen, weil ich nicht der Gebührenschuldner der Stadt bin). Warum also nicht das ganze über Bürgerarbeit machen und damit den Erwirtschaftern der Abgaben und auch der Sozialleistungen den Arbeitsweg erleichtern?

Stellen, die noch abgebaut werden könnten in den entsprechenden Bereichen der Stadtverwaltung, gibt es kaum noch....
In der Demokratie mästen sich Sozialisten in Parlamenten. Im Sozialismus hungern Demokraten in Zuchthäusern und Arbeitslagern.

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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon Sall May » Mo 12. Jul 2010, 12:39

Was möchte man denn jetzt Planwirtschaft oder freie Marktwirtschaft? Gestern hatte ich des öfteren Gespräche oder schriftlichen Wechsel mit BürgerInnen der neuen Bundesländer, die haben ihre Bundesländer verlassen um hier im Westen neu aufzubauen. Jetzt behaupten sie leider oft, wir wären zu faul zum arbeiten und befürworen die Bürgerarbeit, gegen die sie vorher selber waren? Da passt was nicht, oder ich begreife etwas nicht?
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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon Sall May » Mo 12. Jul 2010, 12:40

Ich höre immer nur abbauen und Notstand. Wie gedenkt man dem Abbau und Notstand, dem immer mehr Menschen zum Opfer fallen abzubauen?

Indem die freie Marktwirtschaft verschwindet und alle für 900,00 € Bürgerarbeit verrrichten? Und wo kommen dann die 900,00 € her. Wo bleibt das Demokratieprinzip, und das Recht auf freie Arbeitswahl und Entwicklung? Ebenso das Recht auf freie Meinungsäußerung?
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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon DJ_rainbow » Do 15. Jul 2010, 17:51

Sall May hat geschrieben:Ich höre immer nur abbauen und Notstand. Wie gedenkt man dem Abbau und Notstand, dem immer mehr Menschen zum Opfer fallen abzubauen?

Indem die freie Marktwirtschaft verschwindet und alle für 900,00 € Bürgerarbeit verrrichten? Und wo kommen dann die 900,00 € her. Wo bleibt das Demokratieprinzip, und das Recht auf freie Arbeitswahl und Entwicklung? Ebenso das Recht auf freie Meinungsäußerung?



Thema verfehlt, 6, setzen.
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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon Uel » Do 15. Jul 2010, 18:03


Im Großen und Ganzen vertrete ich Maxis Auffassung, allerdings wenn eins zuvor sichergestellt ist:

1. Der zur Bürgerarbeit Anstehende ist nicht verpflichtet, sich in seiner Heimat-Gemeinde einsetzten zu lassen,

2. Es muss geheim gehalten werden, ob jemand freiwillig ehrenamtlich oder „überredet“ Bürgerarbeiten macht,

3. Offensichtliche, das soziale Ansehen der Person in seinem heimatlichen Umfeld schädigende Arbeiten sind zu vermeiden und können ohne Folgen verweigert werden, wenn nicht ein anonymer Ersatzort angeboten wird.

Denn ich bin mir recht sicher, dass ein Großteil der Leute sich nicht vor der Arbeit, sondern vor der Erniedrigung im Ansehen ihres Umfeldes fürchtet, die solche Arbeiten mit sich bringen. Machen wir uns Nichts vor, der Mensch ist in dieser Hinsicht ein archaisches Geschöpf mit sensiblem Gefühl für Rangordnungen und keiner stellt sich freiwillig und zum Spaß ganz unten an, bevor nicht Alles verloren ist und keinerlei Hoffnung mehr besteht. Und z. Z. wird noch das Ansehen hauptsächlich von der Wertigkeit der Arbeitsstelle bestimmt.

Selbst Profis aus „Tafeln“ berichten (laut TV), dass sie genau erkennen können, wer sich zum ersten Mal um Essen anstellt, denn sie haben erkennbar vorher gehungert, bevor sie sich auf diesen Weg in die Öffentlichkeit wagen.

Im Gegensatz zu Afrika und weiten Teilen Asiens, wo Armut „ganz normal“ und Deutschland, wo man noch! „ganz normal wohlhabend“ ist, ist es eine persönlich verschuldete und zu verantwortende Katastrophe, arm zu sein.


Sall Mays Worte ...
>>>Indem die freie Marktwirtschaft verschwindet und alle für 900,00 € Bürgerarbeit verrichten?<<<

... versteh ich nicht. Du beklagst hier sonst seitenweise das unfaire Behandeln kleiner Handwerker, kleiner Unternehmer und Selbständiger und siehst dann in lausigen 900 € Lohn den Untergang der Freien Marktwirtschaft, einer weltweit entfesselten Freien Marktwirtschaft mit internationalen Großkonzernen, Banken, computergesteuerten Investoren und Spekulanten? Ich kann Dich beruhigen, es werden sicherlich niemals alle Menschen für 900 € Arbeit verrichten!

1. Es verschwindet zur Zeit nicht die Freie Marktwirtschaft sondern die höherwertige Soziale, geregelte Marktwirtschaft.

2. Denn die Freie Marktwirtschaft ist eine lausige Marktwirtschaft, in der der Stärkste und Skrupelloseste in der Regel gewinnt, sogar meistens gegen den Genialen, und dann diese Gewinnler systemisch immer größer und mächtiger werden müssen. Es ist die Aufgabe der Politiker und politisch Mächtigen in allen Zeiten, durch Reglung der Märkte die Bevölkerung zu befrieden. - Das haben schon die relevanten Kreise in Mittelalter gewusst, mit ihren ausführlichen Zunft-, Gilde-, Markt-, Messe-, Stapel-, Brücken-, Zoll-, Maß- und Niederlassungsrechten. Denn kaum dass sie schreiben konnten, haben sie detaillierte Verträge und Regeln aufgesetzt. Gegenüber diesen Kundigen und Weisen aus dem Mittelalter, sind FDPler und so mancher TV-Talker volkswirtschaftliche Analphabeten.


Die Bürgerarbeit ist ein minimaler Notnagel, um Dinge, die Deine Freie Marktwirtschaft angerichtet hat, geringfügig zu mildern, ein Nebenkriegsschauplatz.

Liebe Grüße
von Uel

Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke: --- Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt --- (gefunden bei Vince Ebert) Mein Zusatz: ... der Feind kann auch Realität heißen!
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Re: Bürgerarbeit nun ist es amtlich?

Beitragvon Sall May » Do 15. Jul 2010, 18:09

Ich kann nur Fakten aus Fakten ziehen. D. h. ich bin seit 1984 selbst und ständig, und habe ausnahmslos mit Firmenkunden gerarbeitet. Meine Erfahrungen haben mir bis heute gezeigt, das viele, die leider nicht so kunterbunt durch die Welt kamen, nicht verstehen können um was es tatsächlich geht. Einige wollen es auch nicht hören.

Die Menschen insgesamt brauchen wieder viel mehr Freiheiten und weniger Gesetze, Verordnungen usw., die sich oft leider auch noch gegenseitig wiedersprechen.

Wir machen seit zig Jahren immer mehr Rückschritte, die wir auch erkennen können, doch jeder findet dafür offbar immer noch irgendwelche Ausreden.

Die größte Angst die wohl die meisten zu beherrschen scheint liegt wohl darin das einer zu wenig und der andere zu viel arbeitet. Wir sind schon lange in einer Gesellschaft der dummen Neiddebatten etc. angekommen. Es war mal anders, und es war mal besser. Doch die, die zu diesen Zeiten noch nicht dabei waren werden es wohl kaum verstehen können.

Den letzten Spruch habe ich von dem Buchautoren und Anwalt Roesen, der ja das Kaiserreich als Schüler und die Zeit später als Studierender und Jurist verlebt hat, adoptiert.

Es wäre vieles schnell und friedvoll zum Wohle der Mehrheit lösbar, doch dazu muss man es auch wollen. Wir haben genug freie Unternehmen die noch die Auftragsbücher voll haben, die aber derart sanktioniert und attackiert werden durch das Verhalten von Außen, eben auch der Hürden durch Behören, Banken und mehr, das sie gar nicht mehr agieren können. Dann haben wir leider auch noch die Dummhansel unter uns, die sich an Talfahrten jeglicher Selbtändigkeit erfreuen, anstatt zu erkennen wie notwendig die von ihren Verlachten eigentlich auch für sie selber wären.

Mit einem BGE wäre es evtl. lösbar. Aber nur vielleicht, denn auch dann wird es die Neid- und Hassdebatten geben. Viele Menschen leben sich eben einfacher über andere, als über sich selber ab. Das ist dann allerdings Psychologie.
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